Operette in drei Akten von Jacques Offenbach
Neue deutsche Übertragung nach dem Original von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
von Walter Felsenstein und Horst Seeger
Ritter Blaubart entledigt sich seiner Frauen auf eine höchst ungewöhnliche Art: Er lässt sie der Reihe nach umbringen. Denn bereits kurz nach der Hochzeit treibt es ihn erneut zu amourösen Abenteuern. Diesmal hat er es auf ein handfestes Bauernmädchen abgesehen. Den trickreich veranstalteten Schönheitswettbewerb gewinnt eher zufällig die resolute und füllige Boulotte, die ihrerseits bisher erfolglos einem widerspenstigen Schäfer nachjagte. Blaubart macht sie zu seiner sechsten Frau, während er insgeheim die zarte Schäferin Fleurette als Gattin Nummer sieben vormerkt. Zu spät begreift Boulotte ihren tragischen Irrtum. Doch sie überlebt sowohl die heuchlerischen Attacken am Hofe des Königs Bobèche als auch das von ihrem Gatten für sie bestimmte Gift. Wenn sie dann letztlich aber doch bei dem blaubärtigen Ritter bleibt, ahnt man, dass sie ihre Rolle als selbstsichere Gattin verteidigen und den Macho mit Parolen der Frauenemanzipation garantiert das Fürchten lehren wird.
1866 im Théâtre des Variétés erfolgreich uraufgeführt, greifen Offenbach und sein geniales Autorengespann Henri Meilhac und Ludovic Halévy die Frauen mordende Schauermärchengestalt Blaubart auf, beleuchten satirisch die Selbstinszenierung und Demontage des ritterlichen Playboys, die gefährlichen Anweisungen des verklemmten Königs Bobèche und die Schizophrenie seiner ängstlich buckelnden Höflinge. Virtuos jongliert Offenbach in seiner Musik zwischen Pastorale und ironisch gebrochener „Grande Opéra" und persifliert die bizarre Kriminalstory durch eine quirlige, bis in die Groteske gesteigerte Musik.
PREMIERE Samstag, 5. November 2016
Präsentiert von
Musikalische Leitung | Alexander Merzyn |
Regie | Steffen Piontek |
Bühne und Kostüme | Mike Hahne |
Choreografie | Winfried Schneider |
Choreinstudierung | Christian Möbius |
Dramaturgie | Dr. Carola Böhnisch |
Musikalische Assistenz | Frank Bernard, Bo-Kyoung Kim, Ioanna Ismyridi, Andreas Simon |
Chorassistenz | Christian Georgi |
Fechtszene | Paul Stampehl |
Regieassistenz | Heidemarie Stärk |
König Bobèche | Matthias Bleidorn |
Königin Clementine | Gesine Forberger |
Graf Oscar | Heiko Walter, Ulrich Schneider |
Graf Alvarez, Höfling | Christian Henneberg |
Ritter von und zu Blaubart | Jens Klaus Wilde |
Boulotte | Carola Fischer |
Popolani | Andreas Jäpel |
Fleurette, Prinzessin Hermia | Liudmila Lokaichuk |
Daphnis, Prinz Saphir | Dirk Kleinke |
Isaure | Debra Stanley |
Héloise | Rahel Brede, Marlene Lichtenberg |
Rosalinde | Katharina Dittmar, Beate Dittmann-Apel |
Eleonore | Uta Ecke, Sandra Bösel |
Blanche | Julie Szelinsky |
Diener Herren der Statisterie | |
Kind Eric Pöschel / Timo Böhm | |
Damen und Herren des Opernchores | |
Es spielt das Philharmonische Orchester. |
Matthias Käther, rbb Kulturradio, 7.11.2016
„Unbedingt anschauen: Die Opéra bouffe „Ritter Blaubart" (Barbe bleue) hat alle Merkmale der großen Offenbachiade. Zum einen gibt es ungeheuer viele schöne musikalische Einfälle, einige sind ganz herausragend und solitär […]. Und zum zweiten ist das Ganze wie immer bei Offenbach sehr lustiges absurdes Theater. […] Der stimmgewaltige Bartion Andreas Jäpel als Blaubart-Scherge Popolani stellte sogar den Publikumsliebling Rudolf Asmus [1973 als Popolani in der Felsenstein-Inszenierung] in den Schatten. Und Prinzessin Fleurette brachte wirklich einen Hauch echter französischer opéra-bouffe-Stimmung mit ins Haus. Die pariserischste Stimme des Abends stammt aus Russland und heißt Liudmilla Lokaichuk. Die Sopranistin hat zweimal in Rheinsberg beim internationalen Sängerwettbewerb der Kammeroper verdiente hohe Preise abgeräumt. Herzlichen Glückwunsch ans Cottbusser Haus dafür, dass es diese Künstlerin fest unter Vertrag genommen hat! Matthias Bleidorn als wahnsinniger König: trotz Indisponiertheit absolut komisch, herrlich grell und schauspielerisch brillant. Gesine Forberger: Eine sehr lustige Königin, die ihr kleines Couplet so sang, wie man es sich von der kleinen Rolle erträumt – opernhaft zwar, aber mit einem Hauch Cabaret in der Stimme.“
Irene Constantin, Lausitzer Rundschau, 7.11.2016
„Die Stammgäste und langjährigen Freunde der Berliner Komischen Oper glaubten im Jugendstiltheater, ihren Augen nicht zu trauen: Auferstanden aus den Grüften: Des verehrten Walter Felsensteins legendäre Inszenierung der Opéra bouffe in drei Akten, „Ritter Blaubart", seinerzeit gespielt von 1963 bis 1992. Vom Hirtenhüttchen und Bauernhütchen bis zum samtstreifigen Ritterkostüm und zur königlichen Glatze stimmte einfach alles. Und doch hatten Regisseur Steffen Piontek und Ausstatter Mike Hahne der alten Kamelle, Pardon, dem großen Vorbild, auf witzige und dezent augenzwinkernde Weise frische Theaterluft eingeblasen. […] Außerdem ziemlich treffsicher: Ivo Hentschel und das Cottbuser Orchester. Es wird volltönend und geschmeidig musiziert, schließlich handelt es sich bei „Blaubart" um eine veritable Opéra, nicht um eine der vielen kammermusikalischen Offenbachiaden. Hentschel balancierte den Orchesterklang sehr genau aus zwischen dem luftigen Sound von Satire und Ironie und dem komponierten Opern-Ehrgeiz, dem Offenbach lebenslang nachhing. Ähnlich variabel der Cottbuser Chorklang. Giftig-empörter Dorfklatsch, schwach aufmuckendes Hofschranzengemurmel oder ein schmalzig pompöser Hochzeitshymnus, alles traf und hatte charakteristischen Biss."
Frank Starke, Märkische Allgemeine Zeitung, 10.11.2016
„Ihre Boulotte [Carola Fischer] ist ein dralles Frauenzimmer vom Lande, ein ziemlich spätes Mädchen mit Witz und Bauernschläue. Mit Lust bietet sie dem Ritter Paroli und mischt auch den königlichen Hofstaat auf. […] Gewandet in den prächtigen Roben aus der Zeit des Zweiten Kaiserreichs tanzen alle, wie es sich für Offenbach gehört, einen Schluss-Cancan zu den Klängen des Philharmonischen Orchesters, beherzt geführt von Ivo Hentschel.“
Jürgen Heinrich, Der Märkische Bote, 3./4.12.2016
„Blaubart Jens-Klaus Wilde im Kringelkostüm singt sich in lang anhaltenden Tonketten derart in Leidenschaft, dass seine Kostümohren heftig vibrieren. Kein Wunder, dass ihn die lüsterne Boulotte (großartige Carola Fischer) begehrt, wenn sie schon von dem Bauern-Prinz (witziger Dirk Kleinke) verschmäht wird, den die süße Fleurette (eine bemerkenswert frische Liudmila Lokaichuk) innig liebt.“
Jens Pittasch, Blicklicht, 12/2016
„Das junge Mädchen bei Regisseur Steffen Piontek ist Carola Fischer. Was für eine Wahl, was für eine großartige Wahl. […] Die Boulotte ist beider Meisterwerk. Carola Fischer wirbelt umher, singt und spielt - fröhlich, listig, traurig und froh - dass es Freude ist. Sie ist besonders und kann halt Walküre ebenso, wie Dorfschöne. […] Alles geschieht in liebevoll, verspielt, aufwendig schönen Kostümen- und Bühnenbildideen von Mike Hahne. […] Steffen Piontek hat am Cottbuser Ensemble genau die Partner, die es braucht, um Altes neu und mit einer gehörigen Portion Charme, Augenzwinkern, Glanz und Können ins Heute zu holen. Das gelingt rundum, als Genuss und Vergnügen.“
Carsten Niemann, Opernwelt, Januar 2017
„Ansprechend die Leistungen der Sänger: Jens Klaus Wilde gibt einen testosterongeschwängerten, aber nie rohen Ritter Blaubart mit langem Atem, Liudmila Lokaichuk singt die Prinzessin Hermia (alias Fleurette) mit ansprechend timbriertem Sopran, Heiko Walter und Andreas Jäpel deklamieren charaktervoll, mit Lust am Spiel, die unbotsamen Fürstendiener. Matthias Bleidorn hastet als König Bobèche trotz einer Magenverstimmung mit prägnanter Komik über die Bühne, Carola Fischer verleiht der Boulotte Derbheit und Mutterwitz.“
Am letzten Sonntag war es endlich so weit: auf mit der Familie und den zu Weihnachten geschenkten Karten für "Ritter Blaubart" nach Cottbus ins Staatstheater. Freudig überrascht kann ich sagen: …